Das vom Parlament beim Bildungsministerium und beim Bundeskanzleramt (Kunst/Kultur) in Auftrag gegebene „Ausloten von Impulsen“ zur

Verbesserung der Situation des Musikunterrichts in Österreich hat im per 30. Juni 2019 vorgelegten Bericht keineswegs stattgefunden.

Das vom Parlament beim Bildungsministerium und beim Bundeskanzleramt (Kunst/Kultur) in Auftrag gegebene „Ausloten von Impulsen“ zur Verbesserung der Situation des Musikunterrichts in Österreich hat im per 30. Juni 2019 vorgelegten Bericht keineswegs stattgefunden. Auf 312 Seiten werden vielmehr, im Sinne einer ersten Bestandsaufnahme, vielfältige Aktivitäten im Bereich der Kulturvermittlung in Österreich aufgelistet. Damit wird die grundsätzliche Misere des Schulfachs Musik vernebelt und übertüncht, und die von den Interessenvertretungen vorgelegten Vorschläge und Forderungen kaum zur Kenntnis genommen. Der vorgelegte Bericht bezieht sich auf die Entschließung des Nationalrates 15/E XXVI. GP vom 17. Mai 2018 betreffend Impulse im Bereich der musischen Bildung und des Musikunterrichts.

Originaltext: „Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird ersucht, gemeinsam mit den Bundesländern Möglichkeiten für Impulse in der musischen Ausbildung bzw. des Musikunterrichts auszuloten und im 1. Halbjahr 2019 dem Parlament einen Bericht darüber zu übermitteln.“

Das Dokument enthält vorwiegend Auflistungen einer Vielzahl von Kleinprojekten von Schulen mit Kunst- und Kultureinrichtungen in ganz Österreich – vielfach ohne spezifischen Musikbezug (S. 20 bis S. 209). Beispiele: NMS St. Johann im Pongau: „Erlebnisunterricht und Chemie – die kunstvolle Erzeugung von Glas“, VS St. Johann im Pongau: „Zirkus macht Schule – Schule macht Zirkus“, BRG/BORG Schulzentrum Wien Lessinggasse: „Mech-an-ik lerne ich am besten selbst beim reparieren von meinem Rad“ etc. So wichtig wir diese Projekte auch finden: mit dem Auftrag des Parlaments haben sie nichts zu tun.

Genau eine Seite (S. 274) befasst sich mit möglichen „Impulsen“ im Bereich der Ausbildung von MusiklehrerInnen: Über Möglichkeiten der Verschränkung von Pädagogischen Hochschulen und Musikuniversitäten könnte eventuell nachgedacht werden!

Kooperationen von Schulen mit Musikschulen sind mittlerweile ein unverzichtbares und erfolgreiches Modell, das 2013 durch eine Zusammenarbeit des damaligen BMUKK mit ExpertInnen des Musikbereichs auf Basis eines Erlasses abgesichert werden konnte. Der „Bericht zur Vermittlung von musikalischer Bildung“ nennt dazu lediglich Daten bezüglich der einzelnen Bundesländer, ohne diese zu würdigen und weitere Vorhaben zu entwickeln.

So begrüßenswert die im Bericht aufgelisteten Kooperationen von Schulen mit Musikschulen, Verbänden, Kulturinstitutionen und KünstlerInnen auch sind, so dürfen sie doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in vielen Volks- und Mittelschulen das Fach Musik nicht lehrplangemäß angeboten wird.

Ein längst überfälliges Hearing mit ExpertInnen am 11. Juli 2019 – dankenswerterweise initiiert vom Bundeskanzleramt – erbrachte eine Reihe von nunmehr dringend anzugehenden Problemfeldern:

  1. Verankerung der Ausbildung zur/zum Kindergartenpädagogin/Kindergartenpädagogen an den Pädagogischen Hochschulen mit Bachelor/Master-Abschluss
  2. „Fachlehrer/innen“-Prinzip fu?r Musik an den Volksschulen?Jede Volksschule muss aus qualitätssichernden Gründen über zumindest ?eine/n musikalisch qualifizierte/n Volksschullehrer/in verfu?gen
  3. Einrichtung eines Schwerpunktstudiums fu?r Musik im Rahmen der ?Primarstufenausbildung an allen Pädagogischen Hochschulen, um ?entsprechend qualifizierte Lehrkräfte zur Verfügung zu haben (s. Punkt 2)
  4. Ausweitung der Autonomie an Volksschulen zur Möglichkeit einer ?musikalischen Schwerpunktsetzung = „Musikvolksschulklassen“
  5. Wer 10- bis 14-Jährige in Musik unterrichtet (Mittelschule, AHS-Unterstufe), muss u?ber eine fachliche Qualifikation verfu?gen
  6. Fachexpertinnen und Fachexperten fu?r Musik in allen Bildungsregionen zur Koordination und Vernetzung musikpädagogischer Angelegenheiten
  7. Änderung des §38 Abs 7 VBG im neuen Dienstrecht, sodass es ohne Nachqualifizierung nicht möglich ist, direkt in die Entlohnungsgruppe pd einzusteigen?Adäquate Entlohnung der nachqualifizierten Lehrer/innen im alten Dienstrecht
  8. Gleichstellung aller Nicht-Schularbeitsfächer im neuen Dienstrecht = Fächervergu?tung B fu?r die ehemaligen Fächer der Lehrverpflichtungsgruppe IV
  9. Wieder-Einrichtung einer Stabsstelle mit einer fachlich kompetenten ?Ansprechperson fu?r Musik im Bildungsministerium

In Bezug auf die anstehende Neuwahl des Nationalrats am 29. September 2019 fordert der Österreichische Musikrat, diese Punkte in die jeweiligen Programme der zur Wahl stehenden Parteien aufzunehmen.

Quellen & weiterführende Informationen

Positionspapier zur musikalischen Bildung

Forderungskatalog von Dr. Leonore Donat, Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft Musikerziehung Österreich (AGMÖ) anlässlich des Fachdialog 1 zur musischen Bildung am 24.9.2018

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